Ein Beitrag von Meddi Müller
Auf den ersten Blick ist es auch nur ein Buchladen, wie alle anderen auch. Aber schnell merkt man, dass dem nicht so ist. Allein die Tatsache, dass der Buchladen sich seine Räume mit einer Maklerfirma teilt. Natürlich aus Kostengründen, was uns zum Kern des Artikels bringt. Die gesamte Buchbranche schwächelt. Zwar ist sie immer noch ein Meister der Selbstdarstellung, was wir an der weltgrößten Buchmesse im Oktober in Frankfurt wieder erleben dürfen. Da hagelt es Preise, Premieren, Signierstunden, Live-Übertragungen, Huldigungen und sinnlose Promibücher. Kaum eine andere Branche schafft es, sich dermaßen selbst zu verherrlichen wie die Buchbranche. Dabei sind die Probleme seit Jahren bekannt und nur die Wenigsten wollen sie wahrhaben. Zu den wenigen gehört Sandra Thoms. Sie ist eine Kämpferin in der Branche und scheut sich nicht, die offensichtlichen Probleme anzusprechen. Sie war viele Jahre Sprecherin der Vereinigung der unabhängigen Verlage im Börsenverein des deutschen Buchhandels. Sie hat sich damit als Don Quichotte der Übergangenen etabliert.
Denn die Branche hat sich in den letzten Jahren zu einer entwickelt, die echte Buchliebhaber nicht gutheißen. Die Branche wird nämlich von Verkäufern dominiert. Denen ist es im Prinzip egal, was sie verkaufen. Hauptsache die Kasse klingelt. Auf die Vielfalt wird hier keine Rücksicht genommen. Kleine, unabhängige Verlage werden offensichtlich systematisch aus dem Geschäft gedrängt. Die Vielfalt wird vom marktgerechten Einheitsbrei aufgefressen. Die Big-Player bleiben lieber unter sich. Sandra Thoms reitet noch immer gegen die Windmühlen. Sie hat den großen Vorteil, dass sie nah am Kunden ist und deren Bedürfnisse kennt. Ist sie doch selbst begeisterte Buchfrau. Als Verlegerin war sie die Queen des Cosy Crime mit dem Dryas Verlag, deren Programmleiterin sie noch heute ist. Ihr Genre ist heute auch die Fantasy. Da war es nur logisch, dass sie mit dem Fantastischen Buchsalon eine Spartenbuchhandlung eröffnete.
Natürlich sind es auch pragmatische Gründe, die dafür sprechen, eine derartige Buchhandlung zu eröffnen. Die Zielgruppe gilt als besonders treu und lesefreudig. Aber sie will bespaßt werden. Das macht Sandra Thoms, indem sie Leseclubs, Vorträge aus dem Genre und andere Zusammentreffen in ihrem Salon anbietet. Hier kann man oft Autor*innen persönlich treffen. Sie kommen gerne und freuen Sie auf den Kontakt zu ihrem Publikum. Nur Lesungen sind nicht so angesagt. Tja, die Fantasybrache ist eben einen ganz spezielle. Der fantastische Buchsalon füllt auch eine Lücke in Frankfurt. Es gab viele Buchhandlungen, die sich spezialisiert hatten, Eine Krimibuchhandlung, eine kommunistische, eine feministische und auch Buchhandlungen, die sich auf Kinderbücher spezialisiert hatten. Aber keine für die Fantasy, obwohl es ein beliebtes Genre ist. Da sprang Sandra Thoms hinein und fühlt sich bis heute pudelwohl.
Passanten sind nicht entscheidend
Der fantastische Buchsalon, der anfangs “Der fantastische Buchladen” hieß, war im ersten halben Jahr ein Test, ob das Konzept aufgeht. Dazu hat man im Haus des Buchhandels leerstehende Räumlichkeiten mit Schaufenster und Straßenzugang angemietet. „Passanten sind in dieser Lage für uns nicht entscheidend“, hat Sandra Thoms aus den Erfahrungen des von Anfang an als Popup-Store geplanten Standortes mitgenommen. „Wir machen die Buchhandlung nun gezielt für eine Community. Wir wollen gezielt Sichtbarkeit für unabhängige Verlage und Selfpublishing schaffen“, so Sandra Thoms. Ergänzt werden die drei Säulen Fantasy, Horror und Science Fiction durch Titel von dem Frankfurter Verlag Fischer Tor. Weitere Titel aller Warengruppen können über das Barsortiment Umbreit bestellt werden. Die drei Säulen des Buchsalons spiegeln sich auch im Logo wieder. Das Logo zeigt einen stilisierten Fuchs – in der japanischen Mythologie hat dieses Fabelwesen neun Schwänze, im Logo drei, sie stehen symbolisch für die Sparten Fantasy, SF und Horror.
Diese Buchhandlung ist allerdings nur ein Anfang: „Wir denken an ein Netzwerk unabhängiger Buchhandlungen“, erläutert Thoms. „Manche Verlage und Selfpublisher:innen hätten sogar die Möglichkeit, einen kleinen Laden zu betreiben, trauen sich aber den damit verbundenen Aufwand der Logistik nicht zu. Über Sammelbestellungen und digitale Dienstleistungen kann das aber funktionieren.“ Projekte dieser Art sind im Raum Stuttgart, Karlsruhe, Hamburg und der Eifel in Planung. Sie sollen sich ihren Sortimentsschwerpunkt selbst legen können.
„Der fantastische Buchsalon“ setzt auch auf Partner. So wird dafür etwa mit der Buchsuchmaschine Skoutz und deren Gründerinnen Kay Noa und Lilly Labord kooperiert. Beide wollen als Selfpublisher ausloten, wie Wege in den Buchhandel möglich gemacht werden können. „Bücher bekomme ich auch im Internet. Im Laden erhalte ich zusätzlich Inspiration und Austausch“, sagt Autorin Lilly Labord. Auch Titel von Verlagen aus dem Schöne-Bücher-Netzwerk werden im Geschäft zu finden sein.
Der fantastische Buchsalon ist ein Besuch wert. Sandra Thoms ist mit Herzblut und hohem Engagement dabei. Sie hat das Ohr am Kunden und legt alles daran, dem Anspruch der Lesenden gerecht zu werden. Sie ist somit Angehörige einer aussterbenden Spezies. Ihre Liebe zum Buch ist allgegenwärtig und verdient die Unterstützung all derjenigen, die sich für die Vielfalt aufopfern und gegen den ultimativen Kommerz wenden.
Der fantastische Buchsalon befindet sich in der der Eschersheimer Landstrasse 293 in Frankfurt am Kain, im Herzen des Dornbusches und in Laufweite zum HR, ist zu folgenden Zeiten offen:
Mittwoch: 11 – 14 Uhr
Donnerstag: 11-14 Uhr/ 15–18 Uhr
Freitag: 15–18 Uhr
Samstag: 11–16 Uhr
(Geschlossen während der Buchmesse: 16.-19.9.)
Natürlich ständig zu erreichen im Internet: “Der Fantastische Buchsalon”
Quellenangaben: Börsenblatt online, Schöne Bücher
Infos zu Sandra Thoms
Bücher öffnen Welten. Diversität und Vielfalt gehören für mich dazu, ebenso wie Neugierde, die mich immer wieder zu neuen Themen und Menschen führt.
Was mich zum Satire-Magazin Titanic geführt hat, dessen Geschäftsführerin ich seit 2024 bin.
Seit 2007 selbstständige Unternehmerin, zunächst mit einem Verlag (Dryas Verlag), dann mit einer Verlagsgruppe (Bedey & Thoms Media GmbH), jetzt mit einer Buchhandlung (Calliope Media – Der fantastische Buchsalon). Nicht nur Beruf, sondern Berufung.
Als Europäerin ist mir eine Welt ohne Grenzen wichtig, daher engagiere ich mich bei der Partei Volt. Meinungsfreiheit und Menschenrechte sind Errungenschaften, die bewahrt werden müssen.