Teil zwei der Serie von Stephan Berg (Hier geht’s zu Teil 1)
Wie im ersten Artikel bereits beschrieben, teile ich die Phantastik in die drei Genres „Fantasy“, „Science-Fiction“ und „Horror“ ein. Heute möchte ich diese Aufteilung noch etwas fortführen und jeweils drei Subgenres vorstellen, die mich persönlich beeinflusst haben oder eine größere Bedeutung haben. Dies ist nur eine kleine Auswahl und es gibt noch deutlich mehr Subgenres. Diese alle aufzuzählen, würde jeglichen Rahmen sprengen. Falls jemand noch mehr darüber erfahren möchte, dem lege ich die Podcast-Folgen vom Tintenliebe-Podcast ans Herz. Hier beleuchte ich mit Kolleginnen die Genres noch ein wenig tiefer. Links gibt es am Ende des Artikels.
Fantasy
Grob gesagt beschäftigt man sich in der Fantasy vor allem mit übernatürlichen, magischen oder märchenhaften Elementen. Man befindet sich immer wieder in anderen Welten, kann die eben erwähnten Elemente aber auch unserer eigenen Realität hinzufügen. Wie es so schön heißt: Die Grenze ist deine eigene Fantasie.
High Fantasy
Vielen wird zuerst „Der Herr der Ringe“ von J.R.R. Tolkien einfallen, wenn man High Fantasy erwähnt. Dieser hat das Genre zweifelsohne geprägt und wird auch immer wieder als einer der Begründer bezeichnet. Meist ist das Setting dem europäischen Mittelalter angelehnt. Ebenfalls typisch sind phantastische Wesen und monarchische Herrschafts- und Gesellschaftsstrukturen.
Für mich war die High Fantasy der Einstieg in die Phantastik. „Die Elfen“ von Bernhard Hennen waren meine ersten Bücher und bei Weitem nicht die letzten. Weitere bekannte Werke aus Deutschland sind die Buchreihe „Die Orks“ von Michael Peinkofer und die Reihe „Die Zwerge“ von Markus Heitz. International dürfte vielen George R. R. Martin (Game of Thrones) oder auch Joe Abercrombie (The-First-Law-Universum) ein Begriff sein.
Urban Fantasy
Sind die Geschichten in der Realität auf unserer Erde verhaftet, spricht man meist von „Urban Fantasy“. Die phantastischen Wesen leben meist als Parallelgesellschaft im Geheimen. „Harry Potter“ (J. K. Rowling) oder “Percy Jackson” (Rick Riordan) können hier als Beispiele herangezogen werden. Mein persönlicher Geheimtipp ist Jonathan Stroud mit den „Bartimäus“-Romanen. Diese habe ich zeitgleich mit den zuvor erwähnten „Elfen“-Romanen aus der High Fantasy verschlungen. Wer weiß, ob ich heute im Phantastik-Genre unterwegs wäre, wenn es diese Bücher nicht gegeben hätte.
Romantasy
Ein Genre, das in den letzten Jahren deutlich an Bedeutung gewonnen hat, ist die Romantasy. Hier werden phantastische Elemente mit einer Liebesgeschichte, die im Vordergrund steht und die Geschichte bestimmt, gemixt. Sehr beliebt ist hier zum Beispiel die Reihe rund um „Fourth Wing“ (Rebecca Yarros) oder „Das Reich der sieben Höfe“ (Sarah J. Maas).
Wichtig zu betonen ist, dass es auch Liebesgeschichten in anderen phantastischen Subgenres gibt, die aber eher im Hintergrund stehen.
Wieso ich dieses Subgenre in diese Aufzählung aufgenommen habe? Es hat viele neue Lesende in die Phantastik gebracht und selbst ich kam nicht umhin, einige Romane zu lesen – und das, obwohl ich Romance als solches nicht als meine Lieblingsgeschichten bezeichnen würde. Aber die Romantasy hat mir eine tolle Möglichkeit gegeben, sodass ich den Romance-Anteil mittlerweile zu schätzen weiß.
Science-Fiction (SF)
Kommen wir nun zum zweiten Genre, der Science-Fiction. Wir bewegen uns mehr in der Zukunft oder auch in Parallelwelten. Zeitreisen gehören aber genauso dazu. Der Unterschied zur Fantasy ist, dass sich die SF vor allem mit (zukünftigen) Technologien beschäftigt. Es mag wie Magie wirken, aber es ist meist eine naturwissenschaftliche Basis vorhanden.
Hard-Science-Fiction
Das erste Subgenre, das mir immer einfällt, ist die Hard-SF. Hier wird sich stark auf die Technologien und naturwissenschaftliche Theorien konzentriert. Wie könnten sich diese aus der heutigen Sicht weiterentwickeln? Was macht dies mit der Gesellschaft? Aber es wird auch gerne eine Theorie aus der Realität genommen und diese im Gedankenexperiment in eine Geschichte gewoben.
Ein Beispiel, das ich selbst gelesen habe und das mich begeistert hat: „Das Drachenei“ von Robert L. Forward. Das Genre wandelt sich aber auch, sodass heute zum Beispiel „Das Darwin-Virus“ von Greg Bear hinzugezählt werden kann. Oft wird dieses aber eher als Thriller verkauft. Daran merkt man, wie schwer eine saubere Trennung der Genres und deren Subgenres ist.
Steampunk
Wer mich kennt, weiß, dass ich auch gerne mal mit Kostüm auf einer Fantasy-Con unterwegs bin. Dort sieht man auch immer Vertreter aus der Steampunk-Szene. Tatsächlich bin ich erst durch dieses Genre auf Fantasy-Conventions aufmerksam geworden. Darum durfte es hier in der Aufzählung nicht fehlen.
Im Steampunk spielt die Geschichte meist in einer alternativen Realität im viktorianischen Zeitalter. Elektrizität hat sich nicht durchgesetzt, stattdessen wird vieles mit Dampfenergie betrieben.
Meist erkennt man die Cover von Steampunk-Romanen an den Zahnrädern, die künstlerisch verarbeitet wurden. Aber das Genre hat es auch auf die große Leinwand geschafft: „Mortal Engines“ von Philip Reeve ist ein bekannter Vertreter.
Dystopie
Das letzte Subgenre aus der SF, das ich mir ausgesucht habe, wird etwas düsterer. Denn die Dystopie beschäftigt sich meist mit einem Kampf gegen das System – das sich ungünstig entwickelt hat und meist nur wenige Auserwählte bevorzugt. Die Masse aber ist benachteiligt. Bekannte Beispiele sind „Die Tribute von Panem“ (Suzanne Collins) oder auch „Maze Runner“ (James Dashner). Es geht also auch um den Aufstand – wie sich die Benachteiligten verhalten und ob es gelingt, die Obrigkeit zu stürzen. Sehr nahe an diesem Subgenre ist auch die Apokalypse – die Beschreibung einer Welt nach dem Weltuntergang. Oft kombiniert mit Zombies oder dem Kampf gegen die Naturgewalten. Ein Roman, der mich diesbezüglich geprägt hat, ist „Metro 2033“ (Dmitri Alexejewitsch Gluchowski), der mein Interesse an Dystopien geweckt hat. Dazu gibt es mittlerweile ein ganzes Universum, an dem sich auch andere Schreibende beteiligen.
Horror
Zuletzt möchte ich das Horror-Genre nutzen, um darzustellen, wie viele Überschneidungen es in Genres im Allgemeinen gibt. Prinzipiell sind Genres dafür da, damit der Buchhandel Bücher kategorisieren kann und die Erwartungen von Lesenden gedeckt werden. Es ist auch leichter ein Buch zu finden, wenn man weiß, wo man suchen muss. Aber zurück zum Horror: Hier geht es um angsteinflößende und meist übernatürliche Ereignisse. Diese sollen den Lesenden gruseln oder auch mal anekeln – je nach Subgenre.
Psychologischer Horror
Hierbei geht es vor allem um die menschlichen Abgründe. Nicht selten wird der Wahnsinn eines Psychopathen thematisiert. Einer der bekanntesten Romane ist „Psycho“ von Robert Bloch. Dieser wird zugleich unter Thriller aufgelistet und zeigt, dass die Grenze hier fließend verläuft. Auch einige der Romane von Stephen King lassen sich diesem Subgenre zuordnen. Beim deutschen Thriller-Autor Sebastian Fitzek erkennt man ebenso viele Überschneidungen zwischen Thriller und psychologischem Horror.
Dystopischer Horror
Die Dystopie hatten wir eben schon in der Science-Fiction. Im Horror wird diese in der schlimmstmöglichen Zukunft beschrieben. Tendenzen aus der Realität werden weitergedacht und das Worst-Case-Szenario aufgezeigt. Dabei zeigen sich meist Abgründe des menschlichen Verhaltens. Eine Kombination kann es auch mit den Zombie-Apokalypsen geben, wenn diese viel Splatter enthalten und dadurch Ekel hervorgerufen werden soll. Auch hier ist eine scharfe Trennung meist schwierig und die Übergänge fließend. Hier Beispiele zu finden, ist gar nicht so leicht, da es viele Überschneidungen zu Science-Fiction-Dystopien gibt. Man könnte diskutieren, ob „The Walking Dead“ (Original als Comic von Robert Kirkman) hier eingeordnet werden kann. Prinzipiell sind viele Zombie-Romane nahe am dystopischen Horror.
Mystery
Genau genommen kann man das Subgenre Mystery als einen Mix aus Fantasy, Horror und Krimi beschreiben. Wie der Name schon vermuten lässt, geht es um ein mysteriöses Ereignis und die Figuren wollen herausfinden, ob dieses übernatürliche Quellen hat oder es doch eine simplere Erklärung gibt. Ein sehr prägnantes Beispiel aus der Serienlandschaft ist „Akte X – Die unheimlichen Fälle des FBI“ aus den 1990ern. Und natürlich darf Stephan King hier nicht fehlen.
Damit endet mein kleiner Einblick in die Facetten der Phantastik. Wie eingangs erwähnt, habe ich beim Tintenliebe-Podcast noch einmal einen tieferen Einblick gewagt. Hört gerne rein und schaut nächste Woche hier wieder vorbei, wenn der dritte Artikel der Reihe erscheint. Dort wird es um das Schreiben in der Phantastik gehen.
Der Autor
Stephan Berg
Als freier Lektor begleitet Stephan phantastische Autor*innen auf ihrem Weg zur Veröffentlichung. Angefangen von der Ideenfindung, dem Schreibprozess oder der Überarbeitung bietet er individuelle Lösungen an. Mit seinen Kolleginnen spricht er im Podcast “Tintenliebe – wir schreiben Bücher” über den Lektorats-Alltag, Schreibtipps und anderen Schreibenden.